Die Person Manfred Roeder steht in direkter Verantwortung zu dem Schicksal der Menschen hinter der Widerstandsgruppe „Rote Kapelle“ und ihren Familien: als Chefankläger, „Bluthund Hitlers“ und persönlicher Augenzeuge der Vollstreckung der Todesurteile. Mehr als 50 Mitglieder der Widerstandsgruppe wurden ermordet.
Die sogenannte „Rote Kapelle“
„Mitte der 1930er Jahre bilden sich in Berlin um Arvid Harnack, einen Oberregierungsrat im Reichswirtschaftsministerium, und seine Frau Mildred Harnack sowie um den Angestellten des Reichsluftfahrtministeriums Harro Schulze-Boysen und seine Frau Libertas Schulze-Boysen Freundes-, Diskussions- und Schulungskreise. Durch persönliche Kontakte entsteht 1940/41 ein loses Netzwerk von sieben Berliner Widerstandskreisen. Ihnen gehören mehr als 150 Gegner des Nationalsozialismus ganz unterschiedlicher sozialer Herkunft und weltanschaulicher Traditionen an: Studenten, Künstler, Publizisten und Verwaltungsbeamte, unter ihnen viele Frauen.
Ihre Formen des Kampfes gegen den Nationalsozialismus sind vielfältig. Sie diskutieren über politische und künstlerische Fragen, helfen Verfolgten und dokumentieren die nationalsozialistischen Gewaltverbrechen. Über ihren engeren Kreis hinaus wenden sie sich an die Öffentlichkeit, indem sie Flugblätter und Klebezettel verbreiten. Schließlich nehmen sie Kontakte zu Gleichgesinnten in anderen Teilen Deutschlands auf.
1940/41 geben Harnack und Schulze-Boysen auch militärisch wichtige Nachrichten an die Sowjetunion weiter. Die Gruppe verstärkt vor allem aber ihre politische Aufklärungsarbeit durch die Verbreitung von Flugschriften und Briefsendungen.
Im Sommer 1942 deckt die Gestapo die Widerstandsorganisation um Harnack und Schulze-Boysen auf und ermittelt gegen sie unter dem Sammelnamen „Rote Kapelle“. Sie diskreditiert diese Widerstandsgruppe als eine Spionageorganisation der Sowjetunion. Die Mitglieder werden deshalb als „Landesverräter“ angeklagt. Ende 1942 fällt das Reichskriegsgericht die ersten Todesurteile; insgesamt werden mehr als 50 Mitglieder der Roten Kapelle ermordet.“
Quelle: © 1996 – 2016 Gedenkstätte Deutscher Widerstand
Mehr Informationen über die Widerstandsgruppe „Rote Kapelle“ und den deutschen Widerstand
„Anrufung für die hingerichteten Freunde“
Ihr Freunde, die Ihr mich des Nachts umgebt,
wenn ich alleine an meiner Lampe sitze,
in den Ruinen der Kadaverstadt,
durch die der blaue Rauch der Trauer schwebt.
Ich liebe Euer Antlitz – weiß von Leid.
Die Augen schmerzlich groß, im Tod erstarrt.
Ihr stillen Hingerichteten im Dunkeln drüben –
Ihr sprecht sehr leise, denn Ihr seid sehr weit.
Ihr Freunde – dass ich Euch nicht deutlich sehe
liegt an den Tränen, die Ihr mir verzeiht.
Es klopft das Blut wie damals noch in mir,
indes Ihr kalt und bleich und ausgeschüttet seid.
Ihr seid mir nah, wie meine Hand am Kopf.
Ihr, meine Gruppe, die ich manchmal mahnend seh,
dass ich vor lauter toten Freunden
rings umgeben nicht allein
in den Ruinen steh.
Gedicht verfasst von Günther Weisenborn, 1946
„Günther Weisenborn, ein junger Schriftsteller aus dem Rheinland, wird 1928 in Berlin gefeiert. Sein Stück „U-Boot S 4“ ist an der Volksbühne ein großer Erfolg. Weisenborn zieht nach Berlin, schreibt Theaterstücke, bearbeitet zusammen mit Brecht und Eisler Gorkis Roman „Die Mutter“ für die Bühne und verfasst unter dem Titel „Barbaren“ seinen ersten Roman. 1933 wird das Buch von den Nationalsozialisten verbrannt, seine Stücke werden verboten. Weisenborn schreibt unter Pseudonym weiter, arbeitet beim Reichsrundfunk und als Chefdramaturg an Heinrich Georges Schiller-Theater. 1937 schließt er sich der Widerstandsgruppe um Harro Schulze-Boysen an, die von der Gestapo „Rote Kapelle“ genannt wird, 1942 wird er verhaftet und verurteilt, bis 1945 sitzt er im Zuchthaus Luckau. 1948 erscheint sein „Memorial“, in dem er eindringliche Szenen aus Widerstand und Haft seinen Erinnerungen aus dem vorherigen Leben in Freiheit gegenüberstellt. Das Buch wird in West- wie in Ostdeutschland zum Bestseller.“ ¹
„Gemeinsam mit Adolf Grimme und Greta Kuckhoff strengte er 1947 einen Prozess gegen den Chefankläger der Roten Kapelle, Manfred Roeder, an. Dieses Verfahren wurde von der NS-belasteten Staatsanwaltschaft Lüneburg verschleppt und dann Ende der 1960er Jahre eingestellt.“ ²
¹ Quelle: Günther Weisenborn – Memorial (Link: Bücher.de)