SOG glasklar
21. Februar 2021
Stellungnahme anlässlich des Artikels im Jahrbuch des Hochtaunuskreises 2021, S.210-215, der Glashüttener Lokalhistorikerin Ingrid Berg: „Die Kommunalwahlen in Hessen 1968. Der Glashüttener Bürger Wolf H.Marder schreibt hessische Rechtsgeschichte.“
Wie anfällig Demokratie für die Nutzung Einzelner zu ihren Gunsten sein kann haben wir nicht erst seit dem Sturm auf das Kapitol gesehen. Auch in Deutschland waren die ersten Schritte in die Freiheiten der Demokratie mancherorts ungelenk bis verfassungswidrig.
Die Einheitswahl in Glashütten 1968
Einen Kommentar und Hintergründe zur Einheitswahl 1968 lesen Sie hier:
SOG glasklar ist eine Arbeitsgemeinschaft von Bürgern und Bürgerinnen, die kritisch diverse Themen insbesondere Glashütten betreffend hinterfragen, Transparenz schaffen und aufklären. Im derzeitigen Fokus sind die Geschichte und das politische Geschehen von Glashütten im Taunus. SOG steht für die drei Ortsteile Schloßborn, Oberems, Glashütten.
Im aktuellen Jahrbuch des Hochtaunuskreises 2021 findet sich auf S.210-215 folgender Aufsatz der Glashüttener Lokalhistorikerin Ingrid Berg : „Die Kommunalwahlen in Hessen 1968. Der Glashüttener Bürger Wolf H.Marder schreibt hessische Rechtsgeschichte.“
Die Wahlen einer Einheitsliste waren generell rechtens. Aber so, wie sie in Glashütten 1968 vollzogen wurden, entsprachen sie nicht dem, was der Gesetzgeber mangels fehlender Listen/Bewerber zugelassen hatte. Das Urteil des Hessischen Staatsgerichtshofes von 1971 stellt eindeutig klar, dass die Wahl von Einheitslisten ohne personelle Alternativen oder der Möglichkeit gegen diese Einheitsliste zu stimmen, auch 1968 nicht dem Grundgesetz zur Wahlfreiheit entsprachen!
Zum Hintergrund der verfassungswidrigen Kommunalwahl 1968 in Glashütten: 1960 und 1964 hatte Glashütten nur gut 400 Einwohner, aber immerhin 2 Listen für die Gemeindewahl. 1968 hatte Glashütten 1.700 Bewohnern, aber der damalige Bürgermeister Franz Johann Gottschalk lud ausgewählte Bürger zur Gründung einer Einheitsliste ein. Am Wahltag konnten die Wähler nur ein Kreuz für „JA“ auf einer Liste von 4 Kandidaten kennzeichnen, es gab keine Möglichkeit für „NEIN“. Nicht mit „JA“ angekreuzte Wahlscheine wurden als Enthaltung gewertet. Der Wähler hatte also keine Wahlalternativen. Eine einzige Ja-Stimme hätte rein theoretisch genügt, damit diese Einheitsliste erfolgreich gewählt worden wäre. Und genau dagegen hatte Wolf H. Marder geklagt und 1971 vor dem Hessischen Staatsgerichtshof Recht bekommen. Damit war die Gemeindewahl von 1968 in Glashütten nicht verfassungskonform und musste 1971 wiederholt werden.
Die Arbeitsgemeinschaft SOG glasklar hatte diese Einheitslistenwahl von 1968 in Glashütten auf ihrer Homepage www.nachdenken.info als nicht legal dargestellt. Dabei stand die Person des Naziverbrechers Generalrichter Dr. Manfred Roeder als immer noch fanatischer Nazi im Fokus unserer Überlegungen, der nach dieser Einheitswahl vom 2. zum 1. Beigeordneten aufrückte. Ein solches Vorgehen erscheint nach Aktenlage auch heute als ein dreister Schachzug kommunalen Postenschieberei.
Diese Überlegungen ignoriert Ingrid Berg geflissentlich in ihrem Jahrbuchtext und verleumdet anstatt dessen Prof. Dr. Johannes Tuchel, Leiter Gedenkstätte Deutscher Widerstand Berlin und unsere Arbeitsgemeinschaft SOG glasklar mit namentlicher Nennung einzelner Mitglieder. Berg schreibt:„Weder die Vermutung Tuchels noch gar die zitierten Behauptungen aus der „SOG glasklar“ – Initiative hätten bei Beschäftigung mit der Aktenlage oder Nachfrage im Glashüttener Gemeindearchiv aufkommen können. Keine der genannten Personen hatte in dieser Sache die archivalischen Quellen konsultiert.“
Mit dieser Behauptung sagt Ingrid Berg die Unwahrheit, wohlwissentlich, dass wir (auch genannte Personen) im Gemeindearchiv waren – und dort die Dokumente von ihr selbst überreicht bekamen!
Die Grundlage unserer Aussage entstammt den archivierten und gesichteten Dokumenten des Gemeindearchivs Glashütten. Hierbei handelt es sich nicht um Interpretation, sondern um Aktenlage.
Eine Auswahl der gesichteten Dokumente – auch zur Einheitswahl – ist mit Erlaubnis der Gemeinde Glashütten auf unserer Homepage www.nachdenken.info seit Anfang 2020 veröffentlicht.
Wir – die Arbeitsgemeinschaft SOG glasklar – finden es sehr bedauerlich, dass wiederholt Behauptungen seitens Ingrid Berg wohl dazu genutzt werden, den Blick in eine andere Richtung zu lenken, bzw. von der Sache abzulenken. Unverständlich ist ebenso, dass Ingrid Berg Aussagen unter namentlicher Nennung von Privatpersonen im Jahrbuch des Hochtaunuskreises publizieren darf, ohne dass die aufgeführten Personen eingebunden, bzw. um Erlaubnis gefragt wurden.
Bereits ihr Beitrag im HTK Jahrbuch 2018: Kommunalpolitik mit NS-Vergangenheit. Manfred Roeder als Beigeordneter in Glashütten“ wurde insbesondere von Fachleuten als „Nazi verharmlosend“ bewertet. Im Jahrbuch 2020 befasste sich Prof. Dr. Johannes Tuchel mit einer korrigierenden und ergänzenden Ausarbeitung von Frau Bergs Beitrag im Jahrbuch 2018: „Normalität der Integration oder Ignoranz der Verbrechen? Überlegungen zu Manfred Roeder als Beigeordneter in Glashütten“.
Warum muss denn immer wieder die leidliche Vergangenheit mit fixierter Sichtweise in den Vordergrund gehalten werden?
Warum ist bis zum heutigen Zeitpunkt nicht das Angebot von SOG glasklar angenommen worden, diese Vergangenheit unter Mitwirkung fachkundiger Beratung gemeinsam aufzuarbeiten?
Warum stellt man Sichtweisen vor Fakten? Wir können für die Zukunft nur lernen, wenn wir die Vergangenheit verstehen.
SOG glasklar
Glashütten den 21. Februar 2021