SOG glasklar und Gegen Vergessen – Für Demokratie e.V. / Regionale Arbeitsgruppe Rhein-Main
10. November 2019
Antwort auf die Presseerklärung der Bürgermeisterin Brigitte Bannenberg und des Gemeindevorstands der Gemeinde Glashütten vom 19.10.2019
Die zitierten Akten aus dem Gemeindearchiv sind hier einsehbar.
Pressemitteilung – Gemeinsame Stellungnahme
SOG glasklar und Gegen Vergessen – Für Demokratie e.V. / Regionale Arbeitsgruppe Rhein-Main begrüßen, dass die Gemeinde Glashütten die Biografie des NS-Verbrechers Manfred Roeder und sein Wirken in Glashütten öffentlich, offen, sachorientiert und konstruktiv diskutieren will. (Zitate aus o. g. Presseerklärung der Gemeinde, www.gemeinde-glashuetten.de)
SOG glasklar befasst sich mit Fakten und markiert Aussagen von Zeitzeugen. Fachliche Kritik wollen wir nicht als Diffamierung und Herabwürdigung verstanden wissen.
Mit der Veröffentlichung eines Fachartikels in einem solchen sensiblen Themenbereich, muß der Anspruch eindeutig sein, dass alle verfügbaren Fakten in einem Zusammenhang dargestellt werden.
Der im Jahrbuch des Hochtaunuskreises 2018 erschienene Artikel “Kommunalpolitik mit NS-Vergangenheit? Manfred Roeder als Beigeordneter in Glashütten“ von Frau Ingrid Berg ist nach eigener Aussage von Prof. Dr. Johannes Tuchel ergänzungs- und korrekturbedürftig.
Hierbei konzentriert sich Prof. Dr. Tuchel auf die Biografie Roeders vor seiner Zeit in Glashütten, Frau Berg gibt dazu auf S. 206, HTK Jahrbuch 2018 an, „es geht ausdrücklich nicht um eine Biografie Roeders.“
Der Artikel von Prof. Dr. Tuchel „Normalität oder Ignoranz der Verbrechen? – Überlegungen zur Darstellung des Generalrichters Manfred Roeder in Ingrid Bergs Aufsatz „Kommunalpolitik mit NS-Vergangenheit?“
ist somit nicht nur Ergänzung zu Frau Bergs Aufsatz, sondern die notwendige Grundlage, um die Zusammenhänge korrekt nachvollziehen zu können.
Korrekturbedürftig sind auch die Aussagen von Frau Ingrid Berg in o.g. Artikel, die sich mit der Tätigkeit Roeders im Gemeindevorstand Glashütten befassen.
Bei zwei Besuchen von SOG glasklar im Gemeindearchiv fanden sich in von Frau Berg vorgelegten
Dokumenten eine Reihe von gedruckten Unterlagen, die Generalrichter a.D. Roeder betrafen. Roeder
erschien in Vertretung bzw. mit Vollmacht des damaligen Bürgermeisters Johann Gottschalk wiederholt in verschiedenen Verfahren bei Staatsanwaltschaft, Gericht und Notar. Entsprechend wurde er angeschrieben,
es wurde protokolliert, sich bedankt. Alle diese Tätigkeiten betrafen das neue Baugebiet südlich der B8.
Diese Tätigkeiten sind nur ein Beispiel für die tatsächliche Einbringung von Dr. Manfred Roeder in seiner Funktion als Erster bzw. Zweiter Beigeordneter.
Die Fakten aus dem Archiv widersprechen den Aussagen von Frau Ingrid Berg in ihrem o.g. Artikel.
Zitate Berg: „Als einfacher Beigeordneter tritt Roeder in den kommenden Jahren wenig in Erscheinung.“
“Handschriftlich beschriebene Zettel zu bestimmten Vorgängen zeugen von gelegentlich geleisteter, fachlich fundierter Formulierungshilfe im Schriftverkehr der Gemeinde…“
Bei der gesamten Aufarbeitung sollte es rein sachlich um die Darstellung der Zusammenhänge eines Wirkens von Manfred Roeder gehen. Eine Arbeitsweise mit selektiven Fakten kann auch nur zu selektiver Wahrheit führen. Ein weiteres Beispiel dafür: Frau Berg schreibt in ihrem Artikel, dass …“Manfred Roeder nicht Mitglied in der NSDAP war…“, aber sie schreibt nicht, dass er Mitglied der SA und im Bund Nationalsozialistischer Juristen war.
Durch Weglassen von Fakten können Inhalte verändert werden; gleichwohl kann behauptet werden, nichts Falsches gesagt zu haben. Allerdings ergibt sich dann oft ein anderer Sinn.
„Etwas ergänzen“ hat einen anderen Inhalt als „etwas ist ergänzungsbedürftig“. Wenn Bürgermeisterin und Gemeindevorstand nur von einem „ergänzenden Aufsatz“ von Prof. Dr. Tuchel sprechen, dann ist dies nicht nur eine Herabwürdigung eines Prof. Tuchel, es drückt auch etwas anderes aus als wenn Herr Prof. Tuchel in seinem Artikel von „ergänzungsbedürftig“ schreibt!
Der Aufsatz „ Kommunalpolitik mit NS-Vergangenheit? Manfred Roeder als Beigeordneter in Glashütten“ von Ingrid Berg ist im Jahrbuch des Hochtaunuskreises erschienen. Der unkundige Leser vertraut hier auf Wahrheit und vermutet keine Verharmlosung dieser Thematik.
Ergänzend möchten wir die Aussage des Gemeindevorstandes bezüglich der „Zurverfügungstellung“ der Räumlichkeiten hinterfragen. Nach aktuellem Stand hat SOG glasklar selbst den Saal gemietet, Miete an die Gemeinde bezahlt und eine erforderliche Versicherung dafür abgeschlossen. Unter „Zur Verfügung stellen“ wird kostenlos verstanden.
Leider wurde die Presseerklärung des Gemeindevorstandes bereits am 19.10.2019 verfasst und verteilt, also vor der Filmvorführung durch Herrn Christian Weisenborn. Der Film und die anschließende Gesprächsrunde mit Christian Weisenborn waren in unseren Planungen ein wesentlicher Bestandteil, über das Wirken Roeders in der NS Vergangenheit aufzuklären. Gerade über den Film hätten sich weitere konstruktive Ansatzpunkte einer gemeinsamen Kommunikation und Diskussion ergeben können, wenn die anwesende Bürgermeisterin und Mitglieder des Gemeindevorstands gewollt hätten. Die Rückmeldungen einiger Redner der ca. 100 Gäste haben jedoch bestätigt, dass hier eine sachliche und zusammenhängende Aufarbeitung notwendig erscheint.
Die Darstellungsform von Dr. Manfred Roeder als Persönlichkeit Glashüttens unter der Rubrik Kultur auf der Homepage der Gemeinde Glashütten mit direkter Verlinkung zu dem korrekturbedürftigen Aufsatz von Ingrid Berg „Kommunalpolitik mit NS-Vergangenheit?“ ist für uns nach wie vor weder nachvollziehbar noch akzeptierbar!
SOG glasklar, der Verein „Gegen Vergessen – Für Demokratie e.V.“ – Regionale Arbeitsgruppe Rhein-Main und Herr Christian Weisenborn
Glashütten und Frankfurt a.M., den 10.November 2019
Wir unterstützen eine ehrliche, sachorientierte und zusammenhängende Aufarbeitung zu Roeder in der NS-Vergangenheit und seinem Wirken als Kommunalpolitiker in Glashütten.
Die zitierten Akten aus dem Gemeindearchiv sind in hier einsehbar: Auszüge aus dem Gemeindearchiv Glashütten